Tufu – Hässlon
Posted on 04 September 2011
Von einem eher mittelmäßigen MC zu einem wütenen Rächer des verlorenen Deutschraps.
Damit hatte ich sowieso die letzten Jahre immer wieder erhebliche Probleme. Maskierte Spinner, Türsteher mit kleinen Pimmeln oder auch kreidebleiche Flow-Versager mit Nationalstolz. Seien wir ehrlich: Deutscher Hip Hop musste in der Nivau-Skala scheinbar ganz nach unten um überhaupt wieder an Qualität zu gewinnen. Dank der Posse um Huss & Hodn kann man mal wieder von sowas wie Aufbruchstimmung sprechen. Obwohl mir Retrogott’s (aka Huss) sprachlicher Stil nie so ganz zugesagt hat, sondern mich eher an ungelenke Freestyleversuche erinnern. Somit war da noch ne Menge Luft in punkto Landessprachen-Akrobatik.
Grosse Hoffnungen bereitet mir nun ein junger Herr aus dem schönen Westerwald dessen erstes Vinylalbum mich zuerst etwas irritierte, später aber nach einiger Distanz irgendwie auch begeistert hat.
Denn auf Hässlon von Tufu kommt das erste „Hurensohn“ schon nach den ersten Sätzen (aber auch „Du Opfer“ „behindert!“ und „Spast“ dürfen nicht fehlen), und der geneigt politisch korrekte Hörer ist bereits unterwegs Richtung Stopptaste. Doch bevor man alles in die uninspirierte Battle-Rap Schublade knallt sollte man mal genau hinhorchen.
Weil die 14 Tracks umfassende LP ist eigentlich ein gelungener Rundumschlag gegen alles was ich weiter Oben aufgeführt habe. Tufu rappt wortgewandt, clever und immer mit Fluss. Die zynisch untermauterte Wut schwingt ständig mit und raspelt geradezu quälend süffisant die verkrustete Hornhaut vom Hip Hop Klumpfuß. Das wird beim Titeltrack Hässlon mit seinem fiesen Refrain („anzünden!“) eindrucksvoll auf die Spitze getrieben.
Die Beats der Platte wären eigentlich noch einen eigenen Artikel wert. Hier legten u.a. Beatvadda, Herbert Elch oder auch The Red One Hand an und kreierten einen richtig schön kratzigen Jazzsound der geradezu schreit nach Instrumentals.
Insgesamt wohl eines der besten deutschsprachigen Alben der letzten Jahre. Jedenfalls müsste ich lange überlegen was muttersprachlich in vergangener Zeit besser war…
Hässlon erschien Mitte August als Einzel-LP und MP3-Release auf Sichtexot. Laut Labelinfo ist die Platte auf 500 Stück limitiert.
Tracklist:
01. Schwarzer Krauser (01:09)
02. Ave Maria (02:31)
03. Abfinden (03:07)
04. Alles hat seine Grenzen (02:01)
05. Eisbär (02:11)
06. Mauer (01:39)
07. Beat I (01:05)
08. Kugelkettendarm feat. Loki (02:07)
09. Cabernet Sauvignon feat. Johnny Moto (03:22)
10. Beat II (01:43)
11. Thekenrand (02:24)
12. Wir alles du nichts (02:47)
13. Hõsslon (02:58)
14. Geister feat. Anthony Drawn (03:51)
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1 Response to Tufu – Hässlon
[…] kann oft nix retten. Und wenn tut es Hip Hop. So wie im letzten Jahr mich das Debüt Album Hässlon von Tufu völlig geflasht hatte. Jetzt ist es wieder so weit. Und wieder ist das Label Sichtexot dafür […]